Unterschied Beobachtung und Interpretation
Einflüsse auf die persönliche Wahrnehmung bei Beobachtungen
Fachliche vs. persönliche Beobachtungen
Beobachtungstools
Einzel- oder Zweierarbeit
egal
ca. 30 min
Um Kursteilnehmer*innen eine fundierte Rückmeldung auf ihre Leistung(en) im Kurs zu geben, braucht es Beobachtungen. Als Kursteam muss man sich daher die folgenden Fragen stellen: Was wird beobachtet? Wann wird beobachtet? Wer beobachtet? Wie wird beobachtet? Zu all diesen Fragen werden an diesem Posten Grundlagen geschaffen und zu ersten weiterführenden Überlegungen angeregt.
Der Posten hat verschiedene Teile, lies zuerst die Titel und wähle zwei bis drei Themen, die du vertiefen möchtest.
Damit Rückmeldungen an die TN möglichst objektiv sind, sollen Interpretationen so weit wie möglich vermieden werden. Stattdessen sollen Beobachtungen zu einer fairen Beurteilung und einer fundierten Rückmeldung führen. Wir unterscheiden deshalb im Bereich RQF zwischen den beiden Begriffen:
Die Beobachtung ist die zielgerichtete, aufmerksame Wahrnehmung von Objekten, Phänomenen oder Vorgängen, gegebenenfalls unter Verwendung technischer Hilfsmittel (wikipedia). Beim Beobachten wird nur sinnlich Wahrnehmbares festgehalten (bspw. der*die TN macht sich keine Notizen). Zwei beobachtende Kursleiter*innen sollten unabhängig voneinander auf das gleiche Ergebnis kommen (Broschüre RQF, S.10).
Die Interpretation bedeutet im allgemeinen Sinne das Verstehen oder die subjektiv als plausibel angesehene Deutung von etwas Gegebenem oder wenigstens von etwas Vorhandenem (wikipedia). Im Rahmen eines Ausbildungskurses ist eine Interpretation eine persönliche Einschätzung bzw. eine subjektive Wahrnehmung (bspw. der*die TN hört nicht zu). Lässt sich eine Interpretation nicht vermeiden, muss diese in den RQF-Unterlagen unbedingt als solche gekennzeichnet werden.
Teste dich selbst, ob du zwischen Beobachtung und Interpretation unterscheiden kannst, indem du alleine oder mit einer zweiten Person die folgenden Aussagen der Interpretation (I) oder Beobachtung (B) zuteilst. Danach kannst du deine Zuordnung mit dem Lösungsblatt abgleichen.
Zum Schluss sei noch gesagt: Wirft das Verhalten von TN Fragen auf oder ist eine Situation unklar, kann die Beobachtung mit einem entsprechenden Vermerk festgehalten werden. Beim TN-Gespräch am Schluss des Kurses kann auf solche Beobachtungen eingegangen und bei den TN nachgefragt werden. Daraus entwickeln sich häufig spannende Gespräche und Interpretationen können gemieden werden (weiterführende Informationen: Broschüre Rückmelden, Qualifizieren und Fördern im Ausbildungskurs S. 11).
Im Gegensatz zu messbaren Merkmalen wie Grösse, Länge oder Gewicht lassen sich Persönlichkeitsmerkmale meistens nicht direkt messen, sondern lassen sich nur aus verschiedenen Beobachtungen erschliessen. Die persönliche Wahrnehmung wird jedoch durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Diese liegen einerseits beim*bei der beobachtenden Kursleiter*in und andererseits beim*bei der beobachteten TN, zu einem grossen Teil jedoch auch bei der Situation selbst (weiterführende Informationen: Broschüre Rückmelden, Qualifizieren und Fördern im Ausbildungskurs S. 9).
Einfluss des*der beobachtenden Kursleiter*in
Bevor du weiterliest, schaue dir in Ruhe das folgende Video an: https://www.youtube.com/watch?v=IGQmdoK_ZfY
Das Video zur sogenannten “monkey business illusion” soll zeigen, dass der Mensch bestimmte Dinge übersieht, wenn er sich auf andere konzentriert. Und selbst wenn der Mensch annehmen muss, dass etwas Unerwartetes passieren könnte, nimmt er es nicht wahr, sobald er aufmerksam auf etwas anderes schaut. Unsere Aufmerksamkeit unterliegt also einem Filter, dem wir uns in Beobachtungssituationen bewusst sein müssen.
Einfluss des*der beobachteten TN
Wahrnehmung ist subjektiv und abhängig von individuellen Aspekten (Bedürfnisse, Einstellungen, Interessen etc.), eigenen Erfahrungen sowie sozialen und kulturellen Aspekten. Wie dabei ein Persönlichkeitsmerkmal der*des TN die Wahrnehmung des*der beobachtenden Kursleiter*in beeinflussen kann, beschreibt der sogenannte “Halo Effekt”. Schaue dir dazu das folgende Video vom Start bis zur Minute 03:10 auf der Zeitleiste an: https://www.youtube.com/watch?v=SI6DFpYztPs
Lies in der Broschüre Rückmelden, Qualifizieren und Fördern im Ausbildungskurs auf S.10 den Absatz zu den Tipps und Tricks beim Beobachten. Wenn du das Bedürfnis hast, nochmals in Ruhe die Faktoren, die die persönliche Wahrnehmung beeinflussen, nachzulesen, findest du das Thema in Kap. 2.2.5 Beobachten auf S. 9/10.
Die Herausforderung beim Rückmelden, Qualifizieren und Fördern ist, dass aussagekräftige und fundierte Aussagen zu Kompetenzen bzw. konkrete Förderungs- und Weiterbildungsmassnahmen möglichst objektive Beobachtungen voraussetzen. Lies dazu in der Broschüre Rückmelden, Qualifizieren und Fördern im Ausbildungskurs die Kap. 2.2.2 Wann wird beobachtet?, Kap. 2.2.3 Wer beobachtet? und Kap 2.2.4 Wie wird beobachtet?.
Oft beschränken sich Anforderungen an TN in einem Ausbildungskurs nicht nur auf fachliche und methodische Fähigkeiten, sondern umfassen auch soziale Kompetenzen, bspw. Umgang mit anderen Leiter*innen und mit Kindern bzw. Jugendlichen. Insbesondere die Beurteilung der sozialen Kompetenzen ist im (künstlichen) Kurssetting herausfordernd, so dass davon auszugehen ist, dass in einer Kurswoche viele Fähigkeiten und Kompetenzen aus dem persönlichen Bereich der TN verborgen bleiben.
Um die Begriffe “fachlicher Bereich” und “persönlicher Bereich” zu klären, lies zusätzlich das Kap. 2.2.1 Was wird beobachtet?. Stell dir im Anschluss die folgenden Fragen (gerne auch im Austausch mit anderen Personen am Posten):
Wie geht ihr in eurem Kursteam mit Beobachtungen aus dem “persönlichen Bereich” um?
Welche Gewichtung haben Kriterien aus dem “persönlichen Bereich” in eurem RQF-Prozess? Basierte bereits einmal eine Negativqualifikation eines*einer TN in eurem Kursteam hauptsächlich auf Kriterien, die sich auf den “persönlichen Bereich” bezogen?
Wie lassen sich deiner Meinung nach die Beurteilung von Kriterien aus dem “persönlichen Bereich” mit dem J+S-Kurs als fachliche Qualifikation vereinbaren? Darf ein Kursteam über etwas urteilen, das vielfach “unlernbar” und damit für das Kursteam auch nicht vermittelbar ist?
In der Liste unten findest du verschiedene, mögliche Kriterien, die für ein Beobachtungstool wichtig sein können. Die Liste ist nicht abschliessend und darf gerne auch von dir erweitert werden. Erstelle zuerst für dich alleine eine Liste mit 5 Kriterien (der Wichtigkeit nach geordnet), die ein Beobachtungstool für dich erfüllen muss. Falls du willst, kannst du die Liste im Anschluss mit einer anderen Person am Posten vergleichen und diskutieren. Gibt es grosse Unterschiede? Wo seid ihr euch einig?
Kriterien-Liste:
Am Computer ausfüllbar (mit Tastatur)
Handschriftlich ausfüllbar
Foto der Teilnehmenden sichtbar
Einfacher Überblick über die Anzahl Beobachtungen
Gesamtüberblick über gesamte Kursgruppe
Qualifikationsprozess integriert (Anforderungen bestanden oder nicht)
Bewertungsmöglichkeit (Positiv / Negativ, Förderpunkte …)
Filterbar (z.B. alle Beobachtungen in einem Gefäss oder von einem Kursleitenden anzeigen lassen)
Ohne Internet nutzbar
Unterwegs nutzbar
Von mehreren Personen gleichzeitig nutzbar
Hier findest du verschiedene Beispiele für Beobachtungstools, welches entspricht deinen Kriterien am besten?
Kennst du andere oder habt ihr ein gutes Beispiel aus eurem Kursteam, das du gerne mit den anderen teilen möchtest? Dann kannst du das einfach unter dem nachfolgenden Link teilen.